Veranstaltung zur Unterzeichnung von Petitionen im Olympiastadion ist sinnvoll
Hintergrund: Für den 12. Juni 2020 ist eine Veranstaltung im Berliner Olympiastadion geplant, bei der Menschen zusammenkommen, um Petitionen unterzeichnen können ("eine nach der anderen"). Dadurch soll die Gesetzgebung in eine positive Richtung beeinflusst werden. Als Motivationsbeispiel wird die Petition genannt, durch welche die Mehrwertsteuer auf Menstruationsprodukte von 19% auf 7% gesenkt wurde. Details: http://www.startnext.com/12062020
These: So eine Veranstaltung kann grundsätzlich sinnvoll sein.
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Chance auf hohe Aufmerksamkeit für innovative Politikvorschläge
Es könnten z.B. Petitionen kommen zu Themen wie
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Jedes Jahr einen neuen Feiertag (Produltivitätsfortschritte in Freizeit statt in Konsum kanalisieren)
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Pauschales Energiegeld für alle (finanziert aus saftigen Energiesteuern, sodass sparsame Menschen profitieren, zu Lasten verschwenderische Menschen mit SUVs, großen Wohnungen, etc.)
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Kommerzielle Interessen
Die Veranstalter*innen gehen zumindest durch die Hintertür kommerziellen Interessen nach, wenn ihr Unternehmen von der Petition profitiert.
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Bestreiten des Lebensunterhalts sollte kein Generalverdacht sein
Auch andere zivilgesellschaftliche Akteure bitten um Geld bzw. bekommen weleches z.B. ausgestrahlt, campact, BUND, Greenpeace, ..., URV-Organisation.
Wenn Menschen viel Arbeit in ein Projekt stecken sollten Sie dafür entsprechend honoriert werden.
Der Preis erscheint für ein klimaneutrales Non-Profit-Event dieser Größe durchaus angemessen.
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Es wird explizit als "nonprofit"-Veranstaltung angekündigt
Die Veranstalter versprechen, dass eventuelle Überschüsse für einen guten Zweck gespendet werden.
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Zu viel Einfluss der Veranstalter*innen
Wenn die Veranstalter*innen entscheiden, welche Petitionen unterzeichnet werden sollen, lenken sie die Abstimmung bewusst oder unbewusst in eine bestimmte Richtung. Wenn nicht, ist die Frage, wie selektiert wird.
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Umsetzung ist entscheidend
Die Selektionsfrage ist tatsächlich sehr entscheidend. Aber wenn die Veranstalter:innen, klug sind, gehen sie sensibel mit der Frage um und finden sie einen zufriedenstellenden Modus. Z.B. eine Kombination aus representativ besetzter Kommision, breiter Partizipation und Losverfahren.
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Viele Petitionen bleiben wirkungslos
Die einzigen meines Wissens potenziell wirksamen Petitionen sind solche vom Petitionsausschuss des Bundestags, welche jedoch auch nicht garantieren, dass der Petition am Ende Folge geleistet wird. Bei 50 000 Unterschriften muss eine Petition lediglich vom Petitionsausschuss besprochen werden.
Jeden Tag landen laut SZ 60 Petitionen auf dem Tisch des Petitionsausschusses. Wenn nun durch eine solche Großveranstaltung hundert Petitionen mehr ankommen, die noch dazu allesamt aufgrund der Unterschriftenmenge diskutiert werden müssen, fällt das meiste aus Kapazitätsgründen unter besagten Tisch.
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Angst vor einem Nichterfolg ist kein Argument gegen einen Versuch
Noch wirkungsloser als eine Petion, die zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht in gesetzgeberisches Handeln mündet, ist eine Petition, von der kaum jemand weiß. Und noch wirkungsloser als diese, ist eine Petition, die nie gestellt wurde.
→ Es ist schon klar, dass bei weitem keine 100% Chance auf Erfolg besteht. Aber die Chance ist größer als 0.
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Keine kritische Reflexion
Die geradezu ritualhafte Aufmachung der Veranstaltung in einem Fußballstadion lädt sicherlich nicht zu einer kritischen Reflexion der Abstimmungsgegenstände ein. Ein Rahmen für Diskussionen ist da gar nicht gegeben. Außerdem neigen Menschen in Menschenmassen in der Regel nicht dazu, kluge Entscheidungen zu treffen. Im Gegenteil: Fast könnte man sagen: Je größer die Masse, desto höher die Kritikresistenz.
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Veranstaltung ist nicht als Ort der kritischen Reflexion gedacht
Die kritische Reflexion kann vorher oder nachher stattfinden. Trotzdem haben (gute) Petitionen das Potenzial, auf Missstände und Lösungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Sie regen also Denkprozesse an und beeinflussen somit den gesamtgesellschaftlichen Diskurs.
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Ablenkungspotenzial
Ein solchermaßen zelebriertes Massenereignis lenkt schnell den Blick weg von anderen Formen politischen Engagements. Es erzeugt ein gutes Gewissen, das davon abhalten kann, auf andere Art politisch tätig zu sein.
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Spekulation
Fakt ist: Das Event lenkt den Blick erstmal überhaupt auf politische Fragen und politisches Engagement. Das tun quasi alle anderen Veranstaltungen dieser Größe (Sport, Konzerte, ...) nicht.
Zudem ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Menschen im Umfeld dieser Veranstaltung miteinander ins Gespräch kommen, sich vernetzten und vermutlich auch weiter politisieren. Ein Nachteil für andere Formen, politischen Engagements (Demos, Ziviler Ungehorsam, Parteiarbeit, ...) ist dadurch nicht erkennbar.
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Ja-Nein-Abstimmung wird Komplexität nicht gerecht
Viele Themen sind zu komplex, um im Rahmen einer Abstimmung mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden zu können. Beispiel Glyphosatverbot. Prinzipiell eine gute Sache, aber wenn der Hersteller davon profitiert, weil das Patent mittlerweile abgelaufen und das Vertriebsmonopol gebrochen ist, sollte man noch einmal überlegen, warum das Verbot auf eines von vielen umstrittenen Totalherbiziden beschränkt ist.
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Viele Fragen lassen sich auf eine kluge Ja-Nein-Entscheidung zurückführen
Das Glyphosat-Beispiel zeigt lediglich: Ein Glyphosat-Verbot alleine reicht nicht. Aber deswegen ist es noch lange nicht schlecht. Wenn es beschlossen wäre, dann wäre es viel leichter auch für ein Verbot ähnlicher Substanzen einzutreten.
Niemand erwartet, dass alle Probleme nach der Verabschiedung von X Petitionen gelöst sind. Aber sie können die Politik in eine gute Richtung treiben.
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Totalanspruch der Mehrheitsmeinung wird suggeriert
Es wird suggeriert, dass die Meinung der Mehrheit den Meinungen der Minderheiten überlegen ist und einen Totalanspruch besitzt. Ein altes Demokratieproblem. Wenn die Mehrheit der Leute eine Petition gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen befürwortet, haben wir Pech gehabt.
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Pauschaler "Totalanspruch" einer Petition ist nicht erkennbar
Eine Petition gibt die Sichtweise der Petent:innen auf ein Problem wieder. Wie jede andere ernst gemeinte Aussage, insbesondere jede öffentlich getätigte politische Aussage, erhebt die Petition einen Anspruch auf Gültigkeit. Der kann entweder gut oder nicht gut begründet sein.
Der Rahmen einer Petition, in dem es darum geht, durch Argumente Unterstützung einzuwerben ist aber gerade das Gegenteil von "Totalanspruch" wo die Zulässigkeit anderer Sichtweisen negiert und schon ihr bloßes äußern sanktioniert wird.
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Bedeutung einer Petition wird übertrieben
Zitat: "Wenn die Mehrheit der Leute eine Petition gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen befürwortet, haben wir Pech gehabt."
Das klingt so, als wäre damit der Gesetzgebungsprozess beendet. Und "wir" müssten unabänderlich Raserei hinnehmen. Es geht aber immer noch um eine Petition. Sie leistet einen Beitrag zur politischen Willensbildung, aber auch nicht mehr. Das ist noch viel weniger als eine sog. "Volksentscheid". Und auch der steht unter dem Vorbehalt der Verfassungskonformität.
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Eine Petition repräsentiert nicht zwangsläufig die Mehrheitsmeinung
Mir ist keine Petition bekannt, die auch nur annähernd von der Hälfte der Bevölkerung unterstützt worden wäre. Auch sehr erfolgreiche Petitionen sind das Werk gut organisierter Minderheiten.
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Implizite Anerkennung von Hierarchien
Das Stellen von Forderungen über Petitionen zeigt eine klare Hierarchie auf, denn die Macht, die Petition am Ende umzusetzen, liegt nach wie vor bei einer kleinen Elite.
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Diese Kritik stellt die Verfassung (aus der die Verteilung der Macht resultiert ) grundsätzlich in Frage
Das kann man intellektuell schon machen, muss sich aber die Frage gefallen lassen, wie die Organisation der Gesellschaft besser zu lösen wäre, ohne Hierarchie. Und wie wir dahin kommen würden.
Da das in dem Argument nicht passiert, wirkt es wenig überzeugend.
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Keine grundldegende Infragestellung des Systems
Die Durchsetzung politischen Willens erfolgt auf systemimmanentem Weg, d. h. das politische System wird dadurch wohl kaum grundlegend geändert werden. Gerade das halte ich aber für notwendig, um den Fragen unserer Zeit gerecht zu werden.
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Kritik an der Veranstaltung für etwas, dass sie nicht ist
Kein Fußballspiel, keine Party, kein TUUWI-Plenum stellt die grundsätzliche Systemfrage. Aber das ist typischerweise kein Grund zur Kritik daran.
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Grundsätzliche Systemfrage ist ein zu dickes Brett für die in Frage stehende Veranstaltung
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Bei aller berechtigten Kritik: Wir müssen die Existenz des aktuellen politischen Systems anerkennen. Es ist da. Und es wirkt auf die Menschen. → D.h. jegliches politisches Handeln findet unter Bezug zum aktuellen politischen System statt.
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Trotz aller zweifellos vorhandenen Missstände und Ungerechtigkeiten stellt es den davon betroffenen Menschen ein im historischen und globalen Vergleich hohes Maß an Selbstbestimmung und Lebensqualität bereit. Das ist alles andere als selbstverständlich.
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Das System grundsätzlich in Frage zu stellen, ist vor diesem Hintergrund nur dann sinnvoll, wenn ein potentiell überzeugender Alternativvorschlag vorliegt. Das ist aber eine sehr schwere Aufgabe.
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Den Einsatz für zeitnah greifbare Verbesserungen sollte das Nicht-Angehen dieser schwierigen Aufgabe nicht diskreditieren. Der Küfa bei einer lokalen Demo wirft man auch nicht vor, dass diese Aktion hier nichts gegen den Hunger im globalen Süden bringt.
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